«Ich bevorzuge keine bestimmten Musikstile»Von Urs Roth, aus Ammler Zitig, Juli 2023
Das Obertoggenburg ist seine Heimat – er ist also, ennet der "Höhi", sozusagen ein Nachbar von Amden. An einem Anlass von Kultur Amden am Abend des 6. Juni konnte man den Musiker, Komponisten und Klangliebhaber Peter Roth näher kennenlernen. Ganz und gar nicht von oben herab möchte er sein Publikum behandeln. "Dieser Platz ist etwas gar hoch oben", hört man ihn murmeln, als er das Klavier auf der Bühne des Saals erblickt. Nun, für seine Begrüssungsmelodie am Piano – und am Schluss dann auch für den Abschiedssong – ist dieser Standort halt gegeben und nicht zu ändern. Den Hauptteil seiner Vorstellung bestreitet Peter Roth dann aber auf dem Boden des Saals, auf Augenhöhe mit der Zuhörerschaft. Die Spannweite seines Schaffens kommt gleich zu Beginn zum Ausdruck. Nach den einfühlsamen, romantischen Klängen am Klavier kommt das bereitstehende Hackbrett zum Einsatz. Und zwar zusammen mit dem Publikum. Die Gäste sollen "grad hebe", schlägt Peter Roth vor. Die Männerstimmen abwechselnd zwei verschiedene Töne, die Frauenstimmen zwei andere, das zusammen mit einer Melodie, die er mit dem Hackbrett einfügt. "Tönt ganz gut", meint Peter Roth. Ob sein Kommentar ernst gemeint oder vielmehr der Höflichkeit geschuldet ist, bleibt sein Geheimnis. Der gute Wille aber war sicher da. "Resonanz", meint er weiter und zeigt auf das Fundament des Hackbretts, "eine ganz wichtige Sache bei Musik und Klängen". Das sollte sich im weiteren Verlauf des Abends noch wiederholt zeigen. Vom langhaarigen 68er zum anerkannten Kirchenmusiker Zunächst aber war es an der Zeit, einiges aus dem ereignisreichen Leben des 79-Jährigen zu erfahren. Vorerst kurze Zeit als Primarlehrer tätig, studierte er Schulmusik in Zürich und entdeckte seine Liebe zum Toggenburg. "Wir lebten in einer WG, der Einzige, der geblieben ist, bin ich", erzählte er. Seine WG-Kollegen seien weitergezogen, nach Indien, zurück nach Zürich und in andere Städte. "In Alt St.Johann bat man mich, den Kirchenchor zu übernehmen. Als Typ mit schulterlangen Haaren und einem mächtigen Bart", schmunzelte er. Er sagte zu. "Für ein halbes Jahr, dachte ich". Es sollten schliesslich 39 Jahre daraus werden. Das ländliche Leben, die Natur, die Stille, die Alpen, Kuhglocken hätten ihm "den Ärmel ine gno". Dass er im Lauf der Jahrzehnte Urheber von über 60 musikalischen Werken werden sollte, hat er damals wohl selbst kaum geahnt. Er entdeckte seine Liebe zu Klängen aller Art ("Ich bevorzuge keine bestimmten Stilrichtungen") und wurde zum Initianten von KlangWelt Toggenburg. Das seit Jahren erfolgreiche Projekt beinhaltet Kurse, den Klangweg, das Naturstimmen-Festival. Im Bau befindet sich zurzeit das Klanghaus am Schwendisee. Es soll im Frühjahr 2025 eröffnet werden. "Als ich die Idee eines Klanghauses im Kopf herumtrug, bemühte ich mich um eine Audienz bei Architekt Peter Zumthor", verriet er den gebannt zuhörenden Gästen des Abends. "Dreissig Minuten wurden mir gewährt". Also beschrieb er sein Anliegen. "Zwanzig Minuten hörte er mir schweigend zu, verzog keine Miene". Dann die Frage von Zumthor: "Ist es still dort oben?" "Da wusste ich, dass ich gewonnen hatte", so Peter Roth. Denn mit der Stille konnte er tatsächlich auftrumpfen. Zumthor sagte zu, konnte das Projekt dann allerdings doch nicht ausführen, weil, aufgrund von Beschwerden der Konkurrenz, ein öffentlicher Architekturwettbewerb durchgeführt werden musste. Didgeridoo im Felsen eben seiner Tätigkeit als freischaffender Musiker, Komponist, Chor- und Kursleiter hat Peter Roth die Kurzfilmserie "Vom Zauberklang der Dinge" geschaffen. Davon gab er den Anwesenden drei Kostproben und erläuterte sie. So erfuhr man beispielsweise, dass auch im Ausland der traditionelle Naturjodel, vorgetragen in der Kirche beim Gottesdienst, mit Erstaunen und Wohlwollen aufgenommen wurde. Oder wie verschiedenste Klänge mit Hilfe von farbigem Licht Wasser in Schwingungen versetzt und so wunderschöne Bilder produziert. Ein dritter Kurzfilm begleitete Jäger und Freund Roland Schlumpf auf den Altmannsattel, zeigte herrliche Wildtieraufnahmen und beschrieb die Philosophie des verantwortungsvollen Jägers, der die Tiere nicht des Geldes wegen erlegt, sondern um den Wildbestand zu regeln und gesund zu erhalten. Auch hier durften passende Klänge nicht fehlen: In den Felsen gebohrte Löcher ahmten das australische Didgeridoo nach und gaben, naturgetreu, die gleichen Töne von sich. Alpsegen mit Hackbrett Sowohl hier als auch in Peter Roth’s Heimat hat der Alpsegen Tradition. Eine für Amden eher ungewohnte Art gab der Künstler am Schluss seines Auftritts zum Besten. Einen Ausschnitt aus dem Alpsegen trug er in Begleitung seines Hackbretts vor. Ganz am Ende des Abends war er dann aber doch noch nicht. Mit dem jazzartig vorgetragenen Song "Come And Go To That Land" bezeugte er, dass er nicht allein Kirchenmusiker, Komponist, Chorleiter, Referent, Netzwerker und Klangfreund ist, sondern auch in Jazz und Gospelmusik zu Hause ist. |
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