Sonja Hasler im Gespräch mit Ria Lehmann und Andreas FreimüllerRia Lehmann und Andreas Freimüller erzählten aus ihrem Leben und ihrer Arbeit. Mit verschiedenen Themen, von der Ukraine-Flüchtlingskrise über das Gesundheitswesen bis zu einer Zukunftsvision für Amden, lockte Moderatorin Sonja Hasler die beiden aus der Reserve.
Von Urs Roth aus der Ammler Zitig Nr. 293 vom Januar 2023 Zwei interessante Persönlichkeiten stellten sich am Abend des 19. Dezember vor versammeltem Publikum den Fragen von Sonja Hasler. Zum einen Ria Lehmann, seit 1991 in Amden wohnhaft, von der Moderatorin bei der Vorstellung als «Zugezogene» bezeichnet, zum anderen Andreas Freimüller, der «Weggezogene», der seine Kindheit in Amden, im «Bienenheim» verbracht hatte. «Amden persönlich» nannte der organisierende Kulturverein den Anlass, und einiges Persönliches haben die beiden an diesem Abend von sich erzählt. Ria Lehmann, begeisterte Taucherin und Mutter von zwei erwachsenen Kindern, ist 62 Jahre alt und kam 1982 aus Holland die Schweiz. Aufgewachsen sei sie in einem kleinen Landwirtschaftsbetrieb mit Schweinen und Kühen in Holland, erzählte sie. Als ausgebildete Operationsfachfrau sei es in ihrer Jugend schwierig gewesen, in ihrem Heimatland eine Stelle zu finden. In der Schweiz hingegen seien Leute wie sie gesucht gewesen, und so sei sie im Spital Uznach gelandet, wo bereits drei ihrer Landsfrauen beschäftigt gewesen seien. Der 52-jährige Andreas Freimüller hat drei Kinder und ist in Amden aufgewachsen. «Er führt einen Kampf für eine bessere Welt», stellte ihn Sonja Hasler vor. Mit seiner Firma «Campax» führt er Kampagnen «zu den wichtigen Fragen unserer Zeit», immer mit dem Ziel, friedliches Zusammenleben zu fördern und die Umwelt zu schützen. Dabei mag jene Aktion besonders in Erinnerung geblieben sein, bei der er mit seinen Leuten an der Felswand beim Chapf ein riesiges Transparent angebracht hat, als Donald Trump 2017 mit seinen Helikoptern zum WEF nach Davos flog. «Damals habe ich Andreas zum ersten Mal gesehen», erklärte Ria Lehmann auf die Frage der Moderatorin, «und zwar im Fernsehen.» Freimüller, der mutige Aktivist Verwegene, zum Teil gefährliche Aktionen und Situationen begleiteten Andreas Freimüller vor allem in jungen Jahren. Bei «Greenpeace» erlebte er Dinge, die ihm durchaus Angst eingeflösst haben, wie er zugab. So kletterte er auf das heutige WTO-Gebäude in Genf und wollte im Meer vor dem russischen Murmansk versenkten Atommüll dokumentieren. Trotz Warnung der russischen Küstenwache fuhren sie weiter, bis sie buchstäblich einen Schuss vor den Bug erhielten. «Wir taten dann so, als wäre unser Motor defekt, und die Russen schleppten uns nach Murmansk ab», erzählte er und fuhr fort: «Der Schlepper gab den Geist auf und das – schwere, metallene – Zugseil sank und zog unsere beiden Schiffe zusammen. Wir setzten unseren Motor wieder in Betrieb, ein zweiter Schlepper kam und so schipperten wir zu dritt der russischen Küstenstadt entgegen, wo ich schliesslich ins Gefängnis musste. Das war 1992.» Angesprochen auf sein Engagement für die Ukraine-Flüchtlinge, erklärte Andreas Freimüller, wie es ihm gelungen ist, Betten für die Flüchtlinge zu organisieren. Das Ergebnis auf seinen Aufruf sei überwältigend gewesen. Schon nach kurzer Zeit habe er 50'000 Betten präsentieren können, schliesslich seien es dann 120'000 gewesen. «Warum machst du solches?», so die Frage der Moderatorin. «Weil ich es kann», so die einfache Antwort. Manchmal sei er selbst überrascht, wenn etwas gelinge. «Doch wir alle können eigentlich viel mehr, als wir uns zutrauen. Man muss es nur wagen.» Als Projekte der – nahen und fernen – Zukunft erwähnte er den offenen Brief von «Campax» an Albert Rösti, den neuen UVEK-Vorsteher, mit der Frage, ob er als Bundesrat die Klima-Berichte des IPCC als Arbeitsgrundlage anerkenne und ein entsprechendes Bekenntnis abgebe. Und den Bau einer «Maschine», die in einer Art künstlicher Intelligenz Aufschluss darüber geben soll, wer von Bundesparlamentarierinnen und -parlamentariern am meisten macht. Lehmann, bei Operationen mit dabei Ria Lehmann, die Mutter von zwei erwachsenen Kindern, ist in einer Bündner Privatklinik als Operationsfachfrau tätig. Da liegt es auf der Hand, dass sie von der Moderatorin zu dieser Tätigkeit befragt wurde. An ihrem aktuellen Arbeitsort würden rund 800 Operationen im Jahr durchgeführt. Sie selbst sei vor allem für das Organisatorische zuständig, unter anderem, dass die erforderlichen Hilfsmittel bereitstehen. Als Operationsfachfrau erlebe man sicher auch Dinge, die man nicht so schnell vergesse. Wie sie damit umgehe, wollte Sonja Hasler wissen. Ging es auch schon mal um Leben oder Tod? «Eigentlich sollte es nur ums Leben gehen», so die coole Antwort von Ria Lehmann. Doch ja, sie habe mal den Tod einer Mutter bei einer Geburt miterlebt. «Das ging mir nahe». Ob er auch schon bei einer Operation dabei gewesen sei, ging die Frage an Andreas Freimüller. «Ja, beim Kaiserschnitt bei einem meiner Kinder. Das ging recht rabiat zu und her. So sehr, dass ich hinaus musste und einfach nur weinte.» Das nicht ganz alltägliche Hobby von Ria Lehmann ist das Tauchen. Auch darüber wusste sie einiges zu erzählen. So zum Beispiel von der Begegnung mit einem Hai im Roten Meer. «Unsere Gruppe hatte das Verhalten in solch einem Fall gerade trainiert», sagte sie. Man müsse senkrecht und bewegungslos im Wasser stehen bleiben. In ihrem Fall, dem Ernstfall, habe sie das getan, sei jedoch abgetrieben worden und habe das, ohne sich zu bewegen, nicht verhindern können. «Nun, der Hai hat dann zum Glück das Interesse an mir verloren und sich davon gemacht». Ein anderes Mal sei ihr Ehemann Paolo in eine Strömung geraten und er habe den Kontakt zu ihr und dem Tauchschiff verloren. «Glücklicherweise konnte er eine Boje setzen und sich mit einem Notsignal bemerkbar machen», erklärte sie. «Als ich mit meinem Guide zurück auf das Schiff kam, hatten sie ihn dort bereits geortet und jenseits des Riffs haben wir wieder zusammengefunden.» «Nicht jedem Löli hinterherlaufen» Einig waren sich Ria Lehmann und Andreas Freimüller, als Sonja Hasler das Gespräch auf das Thema Tourismus lenkte. Mehr Tagestourismus für Amden lehnen sie ab, die aktuelle Infrastruktur lasse das nicht zu. Andreas Freimüller geht noch einen Schritt weiter: Man könnte sich überlegen, sich in Amden nicht ausschliesslich auf den Tourismus zu fixieren, vom Tourismus wegzukommen, auf ein anderes «Geschäftsmodell» zu setzen. Einig waren sie sich auch bei der Frage, was sie ihren Kindern mitgegeben haben beziehungsweise mitgeben werden: Respekt vor dem Mitmenschen. Eigene Persönlichkeiten werden. Nicht wie Schäfchen jedem «Löli» hinterherlaufen. Über Sonia Hasler Sonja Hasler studierte Germanistik, Theologie und Psychologie in Bern und in San José (Costa Rica). Sie arbeitete unter anderem als Sportredaktorin und bei der Nachrichtenredaktion beim Schweizer Radio SRF, ebenso als Gesprächsleiterin beim Tagesgespräch. Während sieben Jahren war sie als Moderatorin der Sendung Rundschau beim Schweizer Fernsehen tätig, während fünf Jahren bei der politischen Diskussionssendung Arena. Sieben Jahre lang moderierte sie die Gesprächssendung Persönlich auf Radio SRF 1. Zurzeit ist sie zu hören in der Morgensendung bei Radio SRF 1 als Morgenproduzentin. Sonja Hasler besitzt ein Haus an der Heiggenstrasse im Arvenbüel und ist im Winter auch als Skilehrerin in Amden tätig. In Amden sei es einfach «cheibe schön», sagt sie auf die Frage der Ammler Zitig, warum sie Amden als Feriendomizil gewählt habe. Sie schätze die Nähe zu ihrem Wohnort, den See und die Berge, überhaupt die liebliche Landschaft. |
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