CARMEN geht gut über die Bühnevon Pia Staubli Auf den 10. August 2017 laden Kultur Amden und Ammler Zitig zur Oper Carmen auf die Seebühne Bregenz ein. Erneut bringt uns Peter Widmer mit dem AWA-Bus «Ausflugsfahrt» ins nahe Ausland; prekäre Wetterverhältnisse regen zu Spekulationen an.
Ein heller Streifen am Horizont, lichte Wolken am Himmel und sogleich wird die Seepromenade zur Flaniermeile. Statt Schirm nun Handys, sie fangen die dramatische Inszenierung der Abendstimmung ein. Carmens Unterarme, die sich aus dem Wasser erheben, ragen hoch in den hellen Himmel empor. Wir sitzen an vorderster Front, eingepackt wegen der kühlen Luft, wie umfangen von diesen Armen. Vor uns in die Höhe gewirbelte graue Spielkarten, die als Animations- und Projektionsflächen eingesetzt werden. Volles Orchester mit Paukenschlägen und markanten Rhythmen, so wird mittels der Musik das 7000-köpfige Publikum in das bunte Treiben des südspanischen Sevillas geworfen. Georges Bizet stellt zu Beginn die wichtigen Melodien vor, so die von der Stierkampf-Arena, der Kaserne und vom Schicksalspaar Carmen / Don José. Eindrücklich dieses düstere Motiv, mit dunklen Klangfarben wird eine leidenschaftliche Melodie gespielt, die nach unten verläuft. Während dieser ist Carmen allein auf der Bühne und legt sich die Tarot-Karten. Was eine Granatapfel-Blüte vermag Der Nordspanier Don José strebt eine Karriere in der Kaserne von Sevilla an. Er schiebt Wache mit seinen Kollegen vor der Zigarrenfabrik. Wie üblich strömen die Arbeiterinnen für die Mittagspause ins Freie. Die dominante, lässig rauchende Arbeiterin Carmen spielt sich auf, in dem sie mit dem Lied: «Die Liebe ist ein wilder Vogel, den nichts zähmen kann», Liebe, Unabhängigkeit und Freiheit verherrlicht. Dank Projektion auf die Karten können Carmens Energieausbrüche und Verführung auch in Grossaufnahme verfolgt werden. Dieses berühmte Stück, die Habanera, wurde einst mit der Sängerin Callas populär. Nun nimmt die Tragödie ihren Lauf, indem Carmen dem wachhabenden Don José eine Blüte zuwirft; sofort ist es um ihn geschehen, er ist in ihren Fängen. Bereits hapert`s mit seiner Pflichterfüllung, denn er sollte Carmen bewachen, die wegen Anstiftung eines Streits vom Leutnant verhaftet wurde. Ihr Gefangenen-Strick wird zum Gängelband, sie lässt zur Sequedilla erneut ihren ganzen Charme spielen. Don José kann sich ihm nicht entziehen, so lässt er Carmen ungehindert fliehen. Die Taverne von Lillias Pastias ist der Treffpunkt aller Schmuggler, in diesem Kreis verkehrt Carmen und «arbeitet» erfolgreich mit. Diese Bande festet auch ausgiebig, hier wird getanzt, gesungen, getrunken. Berauschende Tanzmusik, feurige Tänzerinnen und Tänzer; die Plattformen senken sich ins Wasser, Emotionen gehen hoch in wilden Spritzern rundum. Wirklich eine Augenweide, das Publikum spendet spontanen Applaus. Nun sind die Schmuggler im unwegsamen Gebirge, Feuer untermalen die geheimnisumwobene Szenerie. Carmen legt sich die Tarot-Karten und erkennt ihr todbringendes Schicksal, schleudert unvermittelt die Karten erschreckt in die Luft. «Die Karten lügen nicht» singt die schicksalsgläubige Akteurin. Das schreckliche Dunkel wird durch das Rot-Schwarz der riesigen Bühnenkarten durchbrochen, mittendrin die Karte mit dem Sensenmann «La Mort». Wieder grosse Bühne fürs Volksfest vor und in der Stierkampf-Arena, realisiert auf verschiedenen Ebenen. Tänzerinnen bewegen sich wie kreisende Fächer, grosse Parade mit viel Volk, «rotes Tuch gegen zwei Hörner»; eine unglaubliche Farben-Sinfonie. Schluss-Szene : Carmens Tod Carmen und José geraten immer tiefer in den Strudel ihrer Leidenschaften, waten immer tiefer im Wasser. Schliesslich ertränkt er sie gewaltsam. Tödlich lange lässt sich die Sängerin unter Wasser drücken, Das Bühnenbild von Es Devlin sieht durch die vielen Videoprojektionen immer wieder anders aus. Feurige Tänzerinnen und Tänzer entzücken. Nr. 9 / September 2017 Amden Aktuell 21 Technik macht`s möglich. Im Jahre 1847 schrieb Prosper Mérimée die Novelle Carmen, basierend auf mehreren Spanienbesuchen. Darin wird Carmens Ende besiegelt, indem sie ihm den geschenkten Ring ins Gebüsch wirft und José zwei Mal zusticht. Die Uraufführung der Oper war 1875, dies auch Bizets Todesjahr. Bearbeitungen, Adaptionen folgten; in der Neuzeit auch verschiedene Filme. «Es ist der Traum jedes Bühnenbildners eines Tages in Bregenz zu arbeiten», erklärt Es Devlin aus London. Die Meisterin ihres Fachs entwarf schon die Kulissen für Shows von Adele, U2 und Beyoncé. Sie stellt den Anspruch, dass ein Bühnenbild leicht und einfach aussehen soll. Ihre Herausforderung ist, die aufwändigen Konstruktionen für das Publikum unsichtbar zu machen. Aus dem Programmheft: Ab Oktober 2016 entstand Carmens Welt im Bodensee. Rund sieben Monate nahm der Aufbau in Anspruch. 37 Firmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz haben an den Fertigungs- und Aufbauarbeiten mitgewirkt. 21 Meter lange Arme Weitere Daten: Die Unterarme sind 17 bzw. 21 Meter hoch. Eine Karte, 30 Quadratmeter gross, zweieinhalb Tonnen schwer, wintersicher und je nach Position auch rutschfest, entflammbar und wassertauglich. Davon gibt es 15 in der Luft, weitere 28 liegen wirr «auf dem Boden», die Übrigen können abgesenkt werden. In den Händen von Rösli Ackermann, Präsidentin von Kultur Amden, lag die Organisation dieser Ausflugsfahrt. Die Wetterprognosen beunruhigten sie, doch Festspielreisende aus Weesen und Amden sowie die vielen Akteure durften nun Röslis Draht zu Petrus erfahren, ein grosses Dankeschön für ihre Arbeit hinter den Kulissen. Besucherstimmen • Grandios: Akteure und Bühne • man kennt diese Musik, viele Ohrwürmer • abwechslungsreiches Spektakel, überall wird agiert • Tänze – Bühnenbild – Technik, einfach unschlagbar • Visuelle Leckerbissen • Tolles Orchester • Carmen und Michaela sind brillante Sängerinnen • Einmaliges Super-Erlebnis für mich als Nicht-Opernfreund Comments are closed.
|
Kategorien
All
Archiv
November 2024
|